Nach der erfolgreichen Besteigung des Pollux wollten Stefan und ich eigentlich weiter zum Castor, diesen überschreiten und mit unserer Tour fortfahren. Im letzten Bericht habe ich dir bereits von der Tour auf den Pollux erzählt. Ein Detail habe ich aber ausgelassen. Und das sollte größere Auswirkungen haben, als wir es zu diesem Moment gedacht haben.

 

Die letzten Meter des Pollux

Auf den letzten Metern beim Abstieg des Pollux im Schnee ist Stefan ins Rutschen geraten. Ich war über ihm und berichte hier aus meiner Sicht. Wie, Stefan ist auf dem dann zu diesem Zeitpunkt etwas sulzigen Schnee ins Rutschen geraten konnte sich aber sehr schnell mit seinem Pickel und den Steigeisen bremsen. Danach sind wir weitergelaufen und erstmal war wieder alles gut.

 

Auf dem Weg zum Castor ist Stefan vor mir gelaufen und die Bewegungen sahen für mich komisch aus. Erst dachte ich, ob er Probleme mit der Höhe haben könnte. Er hatte kaum noch Spannung im Bein und die Schritte wurden merklich langsamer. Als ich ihn darauf angesprochen habe, verneinte er Probleme mit der Höhe. Es ging weiter. Am Fuße des Castors merkte er aber Schmerzen in seinem Oberschenkel. Wir machten eine Pause und probierten es dann weiter. Wirklich voran kamen wir aber nicht mehr. Nach ein wenig Diskussion entschieden wir uns umzudrehen und im flachen Gelände den Notruf zu wählen, da auch ein Rückweg zur Bahnstation zu lang erschien.

 

Der Notruf – ein wenig Chaos

Also haben wir die 112 angerufen. Der Anruf hat ein wenig länger gedauert, als wir es dachten. 15 Minuten lang haben wir mit der Notrufzentrale telefonieren müssen. Durch unsere GPS Uhren hatten wir einen genauen Standort. Zu dieser Zeit waren wir in Italien, weshalb nicht die Bergrettung aus der Schweiz kam, welche viel näher war, sondern die Bergrettung aus Italien. Während des Gespräches wurden wir aber x-mal hin- und her- verbunden. Die Highlight Frage war, ob man zwischen Castor und Pollux mit dem Krankenwagen hinkommen könnte. Da Stefan nur Schmerzen im Bein hatte und keine offenen Verletzungen konnten wir ein wenig über diese Situation lachen. Da ich selbst nichts mit dem Rettungsdienst zu tun habe, kann ich auch nicht einschätzen, ob die Dauer des Telefonates lang oder kurz war. Ich selbst habe es mir nur schneller vorgestellt.

 

Unfallbericht – der Helikopterflug

Nach dem Anruf vergingen 15 Minuten bis der Helikopter zu sehen war. Nachdem er uns relativ schnell entdeckt hatte, drehte er nochmal kurz ab. Wir dachten, vielleicht bauen Sie um und holen uns mit der Longline raus. So war es aber nicht.

 

Wir hörten den Helikopter wieder in unsere Richtung fliegen und sahen zunächst den Schnee wegfliegen und dann kam der Helikopter ganz knapp über den Boden geflogen und landete einen Meter von uns weg. Wie knapp er über uns geflogen ist, kann ich nicht mehr sagen, da wir uns zum Schutz weggedreht haben. Dann kamen auch schon zwei Bergretter aus dem Helikopter, haben uns sie Steigeisen ausgezogen, das Seil genommen, Stefan auf die Liege gezogen und mich in den Helikopter. Das Ganze hat nicht länger als 2 Minuten gedauert und schon waren wir wieder abgehoben und sind erstmal steil ins Tal geflogen. Dort sind die Notärzte mit an Bord gekommen und haben sich um Stefan gekümmert.

 

Nach dem Flug sind wir auf einem Flughafen gelandet und von dort ging es für uns mit dem Krankenwagen weiter in die Notaufnahme. Da ich zu dem Zeitpunkt keine Ahnung mehr hatte wo wir aktuell sind haben ich die Sanitäter gefragt. Die Kommunikation war durch die Sprachbarriere ein wenig komplizierter. Aber wir waren in Aosta. Im Krankenhaus angekommen wurde Stefan in der Notaufnahme untersucht und ich habe draußen gewartet. Da Stefan sein Handy mit dabei hatte, konnten wir ab und zu telefonieren und uns austauschen.

 

Was machen wir in Italien?

Klar war, dass wir auch irgendwie wieder zurück nach Herbriggen in die Schweiz mussten. Da standen unsere Autos. Während Stefan untersucht wurde, habe ich alle möglichen Taxiunternehmen durchtelefoniert. Zum Glück hat sich einer auch spontan dazu bereit erklärt uns nach Herbriggen zu fahren. Nach der Untersuchung wurde Stefan mit der Diagnose Muskelfaserriss im Oberschenkel entlassen und wir sind mit dem Taxi 2 ½ Stunden zurück gefahren.

 

Dort haben wir wieder im Hotel Bergfreund übernachten können, die uns auch noch etwas zum Essen bereit hielten. So war unsere erste Tour leider viel schneller beendet wie geplant. Zum Glück sind wir sicher vom Berg gekommen und Stefan geht es auch schon besser. Trotzdem war es ein ganz großer Schreck.

 

Download “Checkliste Notfälle”

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Was kann man aus dem Unfallbericht lernen?

Prinzipiell hat man gesehen, wie schnell in den Bergen etwas passieren kann. Auch ein vermeintlich nicht schlimmer Sturz kann Folgen haben, auch wenn man diese nicht direkt merkt. Auch macht es keinen Sinn in so einem Fall weiter zu gehen. Hier hätten wir es vielleicht auch nicht so lange probieren sollen, sondern gleich den Notruf wählen. Zudem zeigt es nochmal deutlich, dass man immer ein erste Hilfe Set dabeihaben soll. Für den Notruf genügt die 112 und von dort wird man weitergeleitet. Für die Kommunikation war Deutsch und Englisch ausreichend. Die eigentliche Rettung war sehr professionell und die Versorgung gut. Mehr zu dem ganzen Thema Sicherheit findest du auch in der eigenen Kategorie und in einer Checkliste.

 

Wie es dann für mich weiterging, kannst du in den nächsten Artikeln lesen. Bis dann,

Jonathan

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