Die Tour am Grand Combin war noch in den Knochen und Muskeln und da mussten wir auch schon das Tal wechseln Richtung Dent Blanche, um unsere Tourenwoche abzuschließen. Aufgrund des Zeitplans konnten wir keinen Puffertag einplanen und sind am Morgen von Bourg St-Pierre mit dem Auto Richtung Ferceple gestartet. Gut 1 ½ Stunden dauerte die Fahrt bis ganz hinten in das Tal.

 

Der lange Aufstieg zur Hütte

Der Parkplatz zur Dent Blanche Hütte ist noch außerhalb des Ortes. Eine sehr schmale Straße führt bis zu einem Parkplatz in der Kurve oder dem etwas höher gelegenen Parkplatz am Staudamm. Beide Möglichkeiten eignen sich, wobei man beim letzteren weniger laufen muss. Eine Anreise mit dem Postbus ist selbst hier möglich und kann eine Option sein, wenn man kein eigenes Auto hat. Wenn man bisher hauptsächlich im Mattertal und im Saas Tal unterwegs war, ist man kurze Wege, Seilbahnen und viel Trubel gewöhnt. Das hat man hier alles nicht.

Vom Auto ging es für mich wieder in den Trailrunningschuhen los Richtung Hütte. Der Weg ist mit 6 Stunden angegeben, wobei man auch knapp 1700Hm überwinden muss. Einer der längsten Hüttenzustiege in den Alpen.

 

Die Muskeln werden wieder locker

Da wir am Vortag 15 Stunden unterwegs waren, haben wir uns vorgenommen, den Anstieg entspannt und locker anzugehen. Der Weg führt erst durch ein kurzes Waldstück, bevor man der Sonne den restlichen Aufstieg komplett ausgesetzt ist. Das Wetter an dem Tag war perfekt. Nur Sonne und kaum Wind. Der Anstieg führt dann zum ersten kleinen Tagesziel Alp Bricola. Bei der Beschreibung denkt man, dass es bewirtschaftet ist, ist es aber nicht. Der Weg ging erst zwischen hohe Pflanzen hindurch, bevor es offener wurde. Auf circa 2415m haben wir dann nach knapp 2 Stunden unsere erste Trinkpause gemacht. Bis zu dem Zeitpunkt hat man auch keine Möglichkeit sein Trinken weiter aufzufüllen. Der Weg ist bis dahin technisch ohne große Besonderheiten.

 

Danach bleibt der Weg erstmal auf einer Höhe oder steigt nur leicht an. Hier gibt es immer wieder die Möglichkeiten sein Trinken aufzufüllen. Anschließend geht der Weg über in einen Part mit viel Geröll und Felsblöcken. Hier weisen Stangen und Steinmänner den Weg. Das hat auch gut funktioniert und so sind wir in diesem Gelände gut vorangekommen. Aufgrund des vielen Schnees hat der Weg vom Felsen in den Schnee gewechselt. Um meine Füße vor Nässe zu schützen, habe ich meine Bergschuhe angezogen und so sind wir über den Schnee und einem Felsblockgrat zum Glacier des Manzettes aufgestiegen. Ab dort konnte man die Hütte schon gut erkennen und so waren wir nach 5 Stunden mit Pause oben an der Hütte. Unsere Ausrüstung konnten wir in der Sonne trocken lassen.

 

Erinnerungen an das letzte Mal

Der Dent Blanche ist für mich ein Berg mit Vorgeschichte. 2018 wollte ich bereits über den Normalweg aufsteigen. Die Tour haben wir auch gestartet und sind auch bis zum Grat gekommen. Dort bin ich abgerutscht und habe mir die Schulter ausgekugelt. Zudem sind an diesem Tag noch zwei Bergsteiger am Grat tödlich verunglückt. Vor der Tour und besonders am Abend habe ich mir darüber schon einige Gedanken gemacht. Die Tour war wieder sehr präsent. Zwischendurch war ich mir auch nicht sicher, ob ich die Tour nochmal machen kann. Es ging aber doch. Ich habe mir gerade am Abend vor der Tour und in der Nacht, wenn ich aufgewacht bin gut zugesprochen, um mich selbst zu beruhigen. Das hat sehr gut funktioniert und ist auch aus meiner Sicht eine wichtige Fähigkeit für Bergsportler.

 

Unsere Ausrüstung für den Dent Blanche

Als Ausrüstung hatten wir unsere normale Hochtourenausrüstung dabei ergänzt um einige Expressen, Abseilgerät und einige Schlingen. Friends und Keile hatten wir nicht dabei, sind auch bei guten Bedingungen nicht notwendig. Aber das muss man auch individuell für sich entscheiden. Die Ausrüstung haben wir bereits an der Hütte angelegt, bevor wir gestartet sind.

 

Tourdaten – Fakten

  • Kombinierte Grattour und Klettertour
  • Ausrüstung: Gletscher- und Felsausrüstung
  • Firn bis 45°
  • Fels Stellen 3, häufig 2 und leichter
  • Stützpunkt Aufstieg: Cabane de la Dent Blanche (3507m). Aufstieg ca. 5 Stunden (1700Hm­)
  • Schwierigkeit AD (Assez Difficile – ziemlich schwierig ZS)
  • Route:
    • Wandfluelücke 200Hm hoch
    • Südgrat 650Hm hoch
    • Abstieg 850Hm runter

 

Start in den Tag

Der Start in den Tag ist am Dent Blanche im Vergleich zu anderen Touren relativ spät. Frühstück gibt es für alle um 4 Uhr. Gegen 4:30Uhr sind wir dann gestartet. Die Tour startet direkt ab der Hütte. Dort steigt man in einen Felsen/Blockgrat ein. Der Weg geht über den ersten und zweiten Klettergrat nach oben. Der Fels war hier noch schneefrei und so haben wir uns mit den anderen 4 Seilschaften nach oben begeben. Nach diesem Part läuft man über Schnee weiter zum nächsten leichten Fels- und Blockgrat. Auch hier gab es keine besonderen Schwierigkeiten.

 

Nach dem Felsgrat haben wir Steigeisen angezogen, um einen kurzen Schneegratbuckel zu überwinden. Hier war das Eis teilweise plank. Nach der Querung ist man schon am unteren Teil des Südgrates angekommen. 2018 war hier nur Fels. Durch den vielen Schnee konnten wir den ersten Teil problemlos im Schnee gehen und sind so sehr schnell zum großen Gendarme gekommen. Hier beginnt die Klettertour.

 

Sicherheit am Grat

Am großen Gendarme hat man zwei Möglichkeiten. Man kann ihn auf der einen Seite direkt überklettern oder so wie wir umgehen. Beim Umgehen quert man unterhalb des Gendarmes, bevor es dann weiter hoch geht. Bei uns war hier noch viel Schnee, weshalb man kein Felskontakt hatte. In diesem Bereich waren auch Sicherungsstangen angebracht, sodass ich Vorsteigen konnte und Nico nachgeholt habe. In diesem Gelände habe ich mich wohlgefühlt. Ich mag das steile hochsteigen im Schnee und Eis. Danach ging es aus dem Schnee in den Felsen über. Ab hier kann man keinen der weiteren Türme mehr umgehen, sondern überklettert diese, wie im Führer angegeben. Hier hätte man auch seine Steigeisen ausziehen können, aber wir aber nicht gemacht, da wir die Steigeisen 100hm später wieder gebraucht haben und wir ein wenig faul waren. Der weitere Verlauf ist relativ eindeutig. Es gibt auch immer genügend Sicherungshaken, Schlingen oder ähnliches.

 

Im weiteren Verlauf des Grates haben wir uns abgewechselt im Vorsteigen. Der Fels selbst hat eine super Qualität was die Tritte und Griffe betrifft. Die Schwierigkeit beläuft sich bis zum dritten Grat was einem doch manchmal schwerer vorkommt. Man kann es einfach nicht mit der Halle vergleichen. So ging es für uns immer höher und wir haben einen Turm nach dem anderen überklettert. Das Ganze ist auch der zeitaufwändigste Part der Tour. Wir hatten auch kein Problem mit Stau am Grat, da sich die Bergsteiger gut über den Grat verteilt haben.

 

Die letzten Meter zum Dent Blanche

Nach dem letzten Turm war die eigentliche Kletterei vorbei und das Gelände wechselte zu einem flacheren Gratpart. Hier war es besonders wichtig, sauber zu treten und sich zu konzentrieren. Auf der linken und rechten Seite geht es steil runter. Durch den Schnee konnte man aber gut treten. Am Grat ist es aber einfach wichtig seinen Kopf und Gedanken unter Kontrolle zu haben, da man doch sehr ausgesetzt unterwegs ist.

 

Nach circa 15min haben wir dann den Gipfel erreicht mit diesem wunderschönen Gipfelkreuz und konnten das wahnsinnige Panorama genießen.

 

Der Weg runter 

Der Rückweg ist gleich dem Weg hoch. Bedeutet es geht wieder über den Grat runter. Der erste Part runter war wie schon auf dem Weg oben relativ einfach. Im Schnee hatte man immer noch guten halt. So ist man schnell voran gekommen. Am letzten Turm angekommen beginnt der ernste Part des Abstiegs. Hier haben wir im Gegensatz zum Aufstieg unsere Steigeisen abgenommen, um im Fels entspannter voran zu kommen. Man hat hier die Möglichkeit abzuklettern oder sich abzuseilen. Wir haben uns entschieden einen abzulassen und der andere seilt sich ab. Prinzipiell hätten wir uns auch beide abseilen können, aber um nicht so viel Zeit zu verlieren ist das der schnellere Weg für uns. Mit diesem Prinzip haben wir uns immer abgewechselt.

 

So ging es Turm für Turm runter. Am großen Gendarme sind wir wieder über den Schnee runtergestiegen und die Querung absolviert. Zuvor haben wir natürlich wieder unsere Steigeisen angezogen um den bestmöglichen Halt zu haben. Auch hier haben wir uns gesichert. Teilweise war es nicht so leicht die Sicherungsstangen von oben zu sehen. Anschließend ging es in den leichteren Part des Grats. Hier konnte man wieder gut gehen. Nach der Querung im Schnee konnten wir unsere Steigeisen ausziehen und das Seil wegpacken. Über den Felsblockgrat ging es dann zur Hütte und nach einer kurzen Pause zügig ins Tal.

 

Geschafft – Abschluss eines besonderen Urlaubs

Unten im Tal und später im Hotel war die Freude über den Gipfel umso schöner. Generell ist die Tour für erfahrene Bergsteiger geeignet, die bereits einige Kletter- und Eistouren gemacht haben. Besonders das Thema sichern und Seilhandling sollte man beherrschen. Mit der Tour hat auch mein erster Hochtourenurlaub in diesem Jahr geendet. Die 3 Wochen waren komplett anders als erwartet. Der Faktor Wetter hat eine so große Rolle wie bisher noch nie gespielt. Trotz oder gerade deshalb habe ich viel mitnehmen können und werde hier noch weiter berichten. Ich hoffe, dir hat der Bericht gefallen. Falls du noch Anmerkungen oder Wünsche hast, kannst du mir gerne schreiben. Bis dann,

Jonathan

 

Leave a comment