Voraussichtliche Lesedauer: 18 Minuten

Zweiter Teil der Traversee Royale. Nach unserer Überschreitung des Domes du Miage und Übernachtung in der Durier Hütte sollte das Highlight der Tour auf uns warten. Plan war die Aiguille de Bionnassay zu überschreiten und über den Dome du Goute auf den Mont Blanc zu steigen. Am Abend vorher machten wir uns Gedanken zu den Bedingungen am Grat und der Dauer der Tour. Aber letztendlich hat die Vorfreude überwogen.

 

Ausrüstung für die Aiguille de Bionnassay

Speziell für die Aiguille de Bionnassay haben wir verschiedene Ausrüstungsgegenstände mitgenommen. Für die Kletterei habe ich im Internet gelesen, dass man einige Friends mitnehmen soll. Ich habe 2 der mittleren Größe mitgenommen. Dazu noch Schlingen und Expressen. Zusätzlich noch 2 extra Eisschrauben für den Fall, dass Blankeis auf dem Grat ist, sodass wir sichern könnten. Zudem haben wir beide noch ein extra Eisgerät mitgenommen.

 

Tourendaten – Aiguille de Bionnassay 

  • Schwierigkeit: AD
  • Höhe: 4052m
  • Firn bis 45°
  • Fels Stellen bis 4a
  • Aufstieg: 4 Stunden; 700Hm

 

Erstes Frühstück – Start in den Tag

Aufgrund der vielen Leute und der kleinen Hütte konnten nicht alle gleichzeitig frühstücken. Aus diesem Grund gab es wie beim Abendessen zwei Gruppen. Wir waren die erste Gruppe und durften um 3 Uhr frühstücken. Die zweite Gruppe eine halbe Stunde später. Es war ganz gut bei der ersten Gruppe zu sein, denn ganz ehrlich, schlafen konnte man eh nicht mehr, sobald einer aufgestanden ist. So gingen kurz vor 3 Uhr fast alle Wecker an und an Schlaf wäre eh nicht mehr zu denken gewesen. Obwohl so viele Leute (22) auf so einem engen Raum waren, war die Schnarchquote gering und so habe ich echt kurz aber gut geschlafen. Wie immer habe ich das Frühstück ausgelassen. Gegen 3:30 Uhr sind wir mit unserer kompletten Ausrüstung in die Nacht gestartet.

 

Felsen und Kletterei

Im Schein der Stirnlampe ging es für Max und mich erst durch Felsen und Bruchblockgelände hoch. Hier haben Steinmänner den Weg gezeigt. Es war aber von Vorteil, dass wir uns das am Tag zuvor im Hellen schon angeschaut haben. Mit uns sind gleichzeitig noch 5 andere Seilschaften gestartet. Im ersten Teil musste man einfach nur laufen. Hier waren keine Steigeisen nötig. Ich selbst bin jemand, der morgens immer sehr gut wegkommt. Max hat zum Start immer ein wenig Zeit benötigt, um sich einzulaufen und so haben wir unser Tempo ruhig gewählt. Es sollte noch ein langer Tag für uns werden.

 

Im weiteren Verlauf des ersten Teils mussten wir unsere Steigeisen anziehen, um auf dem Eis/Schnee gut voranzukommen. Anschließend ging es durch einen kurzen Felsanstieg weiter. Klettern im zweiten Grat. Auch hier haben wir unsere Steigeisen angelassen. Über einen schmaleren Grat ging es Richtung Kletterstelle auf den Aiguille de Bionnassay.

 

Hektik und Stau beim Klettern

Am Start der Kletterei hatte es sich bei unserem Ankommen ein wenig gestaut. Nicht so schlimm, denn wir mussten noch unser Seil richten. Wir haben 20 Meter Abstand für uns gewählt. Max wollte vorsteigen und so hat er die Friends, Schlingen und Expressen bekommen. Die Seilschaft vor uns wollte aus irgendeinem Grund immer 50m auf einmal Klettern. Das hatte die Folge, dass es ewig gedauert hat und der Nachsteiger den Vorsteiger nicht mehr gehört hat. Also absolut nicht zu empfehlen. Naja, so ist es halt manchmal.

 

Die erste Kletterstelle ist eigentlich auch die schwerste. Sie ist jedoch durch ein Fixseil entschärft. So ging es über einen Riss die ersten Meter hoch. Max hat das Seil nicht genutzt (er hat einfach die Skills). Ich hingegen fand es schon eine nette Hilfe. Wir sind auch mit Steigeisen geklettert, da wir uns nicht sicher waren, ob im Felsen noch Schnee oder Eis liegt. Im Nachhinein hätten wir die Steigeisen auch abziehen können.

 

Nach der ersten steileren Kletterstelle hieß es erst wieder warten. Wir wollten aber auch vorankommen aus diesem Grund haben wir die andere Seilschaft überholt. Sind aus diesem Grund etwas vom Grat (der eigentlichen Kletterei) ausgewichen und haben eine Querung gemacht, um anschließend aufzusteigen. Das ging ziemlich gut und wir hatten die Seilschaft überholt. Im oberen Part des Felsen wurde die Kletterei leichter und wir sind am laufenden Seil sehr schnell vorangekommen. Die Schwierigkeit kann in der Wegfindung liegen. Durch die vielen anderen Seilschaften hatten wir kein Problem damit.

 

Ich habe in einem anderen Artikel gelesen, dass die 150Hm beim Klettern schön, aber schnell vorbei sind. Das stimmt auch. Der Fels war fest und das Klettern war echt ein toller Start in den Tag. Teilweise noch mit Stirnlampe. Im oberen Teil war es dann schon hell genug.

 

Steiler Anstieg zur Aiguille de Bionnassay

Nach dem Kletterpart ging es nochmal über einen Firnabschnitt hoch Richtung Gipfel. Von unten sah der Part extrem steil aus. Zum Glück war alles nicht so steil wie erwartet. Aber immer noch steil genug. In Serpentinen sind wir langsam dem Gipfel näher gekommen. Ich habe wie meistens in der einen Hand meinen Eispickel gehabt und in der andern meinen Stock. So komme ich in diesem Gelände immer sehr gut voran. Die letzten Meter ging es über eine kurze Steilstufe auf den Gipfel. Der erste neue 4000er in diesem Urlaub war geschafft. Der Ausblick Richtung Mont Blanc war einfach gigantisch. Zudem hatten wir keinen Wind. Es war perfekt. Nach einer kurzen Pause sind wir weitergegangen.

 

Alles, was den Menschen Nerven kostet, ist über den Gipfeln weit weg

Ein schmaler Grat

Bevor wir am Grat losgegangen sind, habe ich meinen Stock verstaut und mein zweites Eisgerät vom Rucksack griffbereit an meinem Gurt befestigt. Am Grat selbst hat man kaum Möglichkeiten, Ausrüstung vom Rucksack zu nehmen. Max und ich sind am Grat wieder frei gelaufen. Hintergrund war wieder, dass wir nicht am kurzen Seil gehen wollen und der Grat noch sehr viel Schnee hatte, sodass kein Blankeis und ein Sichern mit Schrauben möglich gewesen wäre.

 

Max und ich waren uns bei dem Thema immer schnell einig. Der Grat selbst ist wirklich sehr schmal. Man läuft echt lange ausgesetzt. Im ersten Teil hat man noch ein wenig Platz links und rechts. Mit wenig meine ich einen Fußlänge. Im Verlaufe des Grates ist es teilweise schmaler geworden. Ich finde am Grat lässt es sich immer leichter gehen, wenn z.B. links noch ein wenig Schnee höher ist. Wenn man direkt oben auf dem Grat läuft ist es nochmal eine besondere Herausforderung. Hier am Grat muss man vor allem eine saubere Steigeisentechnik haben. Man darf hier nicht an seiner Hose oder an etwas anderem hängenblieben. Stolpern ist hier wirklich verboten. Ich habe in dem Part auch mein zweites Eisgerät genutzt bzw. nur in der Hand gehabt. Das war vor allem eine mentale Hilfe. Notwendig war es bei unseren Bedingungen nicht.

 

Konzentration – kein falscher Schritt

Am Grat selbst habe ich mich nicht auf die wunderschöne Landschaft konzentriert, sondern nur auf den nächsten Schritt. Nichts ist in diesem Moment auch wichtiger. Durch die vielen Grate, die ich schon gegangen bin, kenne ich diese Situationen mittlerweile ziemlich gut. Das hat von Vorteil, dass es gerade mental mich nicht mehr überfordert. Ich kann nur empfehlen für solche Touren Grate zu üben und auch mentale Übungen zu machen, um nicht in Panik zu geraten.

 

Der schwerste Part des Grates war der erste Teil. Hier ging es fast ohne Höhenmeterverlust voran. Anschließend ging es deutlich herunter. Hier war auch eine gute Spur und es war nicht mehr so steil. Das zweite Eisgerät konnte ich verstauen und die erste Anspannung war weg.

 

Es geht wieder hoch

Nach dem Abstieg von der Aiguille de Bionnassay ging es natürlich wieder hoch. Von hier an sollte es bis zum Gipfel vom Mont Blanc nur noch hoch gehen. Dank der guten Bedinugngen konnte man auch in dem zur einen Seite sehr abschüssigen Gelände gut laufen. Ich bin vorgelaufen in meinem Tempo und Max ist in seinem Tempo hinter mir gewesen. Das empfinde ich als super angenehm, so kann jeder in seiner Trittfrequenz laufen und keiner wird gebremst oder gezogen. Beim Anstieg Richtung Piton des Italiens gab es ab und zu Blankeis, welches man entweder umgehen konnte oder gut zu gehen war. Teilweise ging es ein wenig über den Felsen bis wir auf den Normalweg der Italiener gekommen sind. Hier wurde erstmal an einer der schmalsten Stellen auf den Zwischengipfel gekackt. Nicht gerade schön anzusehen, aber auch sowas findet man auf seinem Weg zum Mont Blanc.

 

Nach dem Piton wird der Grat allmählich immer breiter und damit technisch leichter zu gehen. Der Blick zurück zur Aiguille de Bionnassay ist echt ein Traum. Den schmalen Grat zu sehen mit dem Wissen, dass man dort gerade heruntergelaufen ist, kann einen mit Stolz erfüllen.

 

Da Max ein wenig langsamer war als ich, habe ich einen großen Teil aus seinem Rucksack bei mir eingepackt. Unser gemeinsames Ziel war der Mont Blanc und dafür kann man das auf jeden Fall machen. Vor allem hatte ich es beim Klettern immer entspannter, da er vorgestiegen ist. So haben wir uns am Berg immer gut geholfen.

 

Dome du Goute – der zweite 4000er an dem Tag

Der Weg auf den Dome du Goute war technisch einfach, hat sich aber doch ein wenig gezogen. Der Gipfel selbst ist einfach eine große Fläche ähnlich dem Alphubel. Nicht gerade spektakulär, aber diesen nimmt man mit. Nach einer kurzen Pause stand hier die Entscheidung, ob wir auf den Mont Blanc gehen sollten. Allgemein heißt es, dass man nach 12 Uhr nicht mehr hoch gehen sollte. Bei uns war es an dieser Stelle 10 Uhr, das Wetter und die Bedingungen perfekt und wir motiviert. Besonders das gute Wetter wollten wir ausnutzen. So sind wir über den Normalweg Richtung Gipfel losgegangen. Was soll ich zu dem Normalweg noch sagen. Er ist technisch nicht so schwer, aber lang und vor allem die Höhe sorgt für die Schwierigkeit. Nach dem Aiguille de Bionnassay ist es schon fast langweilig. So sind wir immer weiter aufgestiegen und waren dann bald oben am Gipfel.

 

Beste Bedingungen – auf dem Dach der Alpen

Der Gipfel selbst ist auch nichts besonders. Er ist groß und flach. Die Aussicht ist aber einfach beeindruckend. Mein zweites Mal auf dem Mont Blanc nach 2016. 2016 noch eine meiner ersten Touren, es ist mittlerweile viel passiert. Es ist für mich immer wieder beeindruckend das festzustellen. Vor allem der Blick ins Wallis ist wunderschön. Es war auch aufgrund der Uhrzeit gar nicht viel los und so konnten wir den Gipfel und den Ausblick ein wenig genießen. Nach den Gipfelbildern haben wir aber beschlossen, schnell abzusteigen, da wir doch noch einen längeren Weg vor uns hatten.

 

Der lange Weg zur Cosmique Hütte

Als Abstieg haben wir den Normalweg von der Cosmique Hütte gewählt. Ziel war dort auch zu übernachten. Wenn man schnell ist kann man auch an dem gleichen Tag noch ins Tal absteigen. Uns war das aber zu stressig. Den Weg herunter kann man als sehr lang bezeichnen. Es geht erstmal lange runter, bevor man einen Gegenanstieg hat. Man kann hier auch noch den Mont Maudit und den Mont Blanc du Tacul mitnehmen. Aufgrund der Uhrzeit und der schwindenden Kräfte haben wir das aber gelassen.

 

Uns sind beim Abstieg auch immer noch Leute entgegen gekommen. Das hat mich echt auch aufgrund der Uhrzeit gewundert. Im Abstieg war der Wind teilweise stärker bzw. waren wir diesem mehr ausgesetzt, weshalb wir relativ schnell weiter hinunter wollten. Unterhalb vom Mont Maudit haben wir diesen gequert. Die Flanke vom Maudit kann immer etwas kritisch sein. Bei uns waren die Bedingungen aber auch hier gut, sodass wir den heiklen Part rückwärts abgehen konnten und anschließend ohne großen Zeitverlust weitergegangen sind. 2016 mussten wir an dieser Stelle abseilen und es kann hier immer wieder zu Staus kommen. Im weiteren Abstieg gibt es immer wieder große Spalten. Auch unter einigen Seracs muss man durchgehen. Hier habe ich Max nochmal ein wenig gestresst. Ich möchte unter solchen Seracs nur so kurz wie möglich sein. Nach unserem kurzen Sprint haben wir eine Pause gemacht und uns gestärkt.

 

Die letzten Meter

Bei unserer Pause hatten wir einen tollen Blick auf den Maudit und den Tacul. Hier war es auch endlich wieder richtig warm. Über einen erneuten Anstieg ging es hoch zum letzten Abstieg. Die Sicht auf die Cosmique Hütte war schon gegeben. Der Abstieg bis dahin ist wirklich nochmal lang. So langsam hat sich der ganze Weg in den Muskeln bemerkbar gemacht. Der Abstieg war dann auch echt zäh. In manchen Abschnitten auch nochmal steil. Unten angekommen ging es über die „Autobahn“ Richtung Hütte. Der letzte Anstieg zur Hütte war einfach maximal undankbar und wir haben viel länger gebraucht als notwendig. Das war alles vergessen nachdem wir auf der Terrasse mit einer Cola/Apfelsaft (ich) und einem Bier saßen (Max).

 

Entspannter Abend und eine ruhige Nacht

Der beste Moment bei einer weiteren Hüttenübernachtung nach der Tour ist die Entspannung beim Abendessen. Man kann es richtig genießen. Denkt nicht an den nächsten, Tag und die nächsten Touren. Man kann sich einfach über die eigene Leistung und die tollen Momente freuen. Ich finde das immer schön. Vor allem auch sagen zu können, dass man das letzte Frühstück haben möchte ist echt immer cool.

 

Nach dem Abendessen sind wir erschöpft und zufrieden ins Bett gefallen. In der Nacht hat es ordentlich gepfiffen an der Hütte. Wir waren froh nicht unterwegs sein zu müssen und konnte gut schlafen. Am nächsten Morgen sind wir nach dem Frühstück zu Aiguille du Midi gelaufen und mit der Seilbahn ins Tal gefahren. Das Wetter war nicht mehr so schön. Im Tal angekommen sind wir mit der Bahn und Bus zurück zu unserem Auto gefahren. Dort war diese gigantische Tour zu Ende.

 

Die Tour ist eine wunderbare Möglichkeit auf den Mont Blanc zu kommen und eine tolle Alternative für ambitionierte Bergsteiger. Es gibt tolle Kletterstellen und einen wunderschönen Grat. Für die Tour selbst braucht man wirklich auch Glück mit dem Wetter und den Bedingungen. Bei uns war das einfach perfekt. Nach der Tour haben wir 2 Tage Pause in Chamonix gemacht. Die Dusche nach der Tour war wirklich eine Wohltat.

 

Ich hoffe dir hat der Einblick gefallen. Mehr gibt es auch auf YouTube. Bis dann,

Jonathan

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